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KAPITEL

1. Biographische Daten und Kontexte
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2. Hilde Spiel - Die hellen und die finsteren Zeiten - Erinnerungen 1911 - 1962
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3. Hilde Spiel - "Der kleine Bub Desidere" - Frühe Erzählungen
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4. Hilde Spiel - "Kati auf der Brücke", 1933
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5. Hilde Spiel - "Fanny von Arnstein oder Die Emanzipation"
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6. Hilde Spiel - "Lisas Zimmer"
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7. Hilde Spiel - "Welche Welt ist meine Welt?"
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8. Hilde Spiel - "Rückkehr nach Wien" - Ein Tagebuch
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9. Anhang
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Wilhelm Kuehs:
Hilde Spiel (1911-1990)


Die Beispiele für den breiten Judenhass und ethnisch motivierten Antisemitismus ließen sich ohne Ende fortsetzen. Einen Überblick bietet der schon zitierten Sammelband "Die Macht der Bilder - Antisemitische Vorurteile und Mythen". Um noch einmal deutlich zu machen, dass der Antisemitismus eine lange Geschichte vor dem Nationalsozialismus hat, sei noch eine Eingabe an den bayerischen Ministerpräsidenten aus dem Jahr 1920 erwähnt, die jene Massenermordung der jüdischen Mitbürger einfordert, die von den Nazis dann in die Tat umgesetzt wurde. Binnen 24 aber längstens 48 Stunden sollten alle Juden auf Sammelplätzen zusammengetrieben werden, um sie von dort in Konzentrationslager abzutransportieren. Wer sich weigert oder wer sich der Verhaftung entzieht, wird zum Tode verurteilt. Das gilt auch für alle, die Juden helfen. Sollten sich andere Staaten, vornehmlich die Entente, gegen die Vernichtung der Juden stellen, und Deutschland angreifen, müsste man alle Juden niedermetzeln. Die "Endlösung" sah vor, die überlebenden Juden, falls es welche geben sollte, nach Palästina abzuschieben und ihnen eine Rückkehr bei Todesstrafe zu untersagen. (vgl. Heid 1995, 243 f.)

Vor diesem Hintergrund liest sich "Fanny von Arnstein" wie eine Beschwörung. Nachdem jede Chance, diese gemeinsame Kultur zu retten, vergeben wurde, zeigt Hilde Spiel diesen für sie idealen Moment in der Geschichte. Es ist aber auch eine Verteidigung der Aufklärung im Sinne Lessings und Kants und weist, wie Strickhausen (1990, 190; 1999, 38-40) darlegt, auf ein Modell der Zukunft im Sinn einer graduellen Assimilation und Integration hin. Es müsse genügen ein Mensch zu sein, um in den Genuss von Würde und Menschenrecht zu kommen. Kein Merkmal, ob Hautfarbe, Sprache, Konfession oder Herkunftsland darf als Argument dienen, um einen Menschen abzuwerten, oder ihn seiner Rechte zu berauben. Hilde Spiel war davon überzeugt, dass die Aufklärung, deren Geist auch die Ethik ihres Lehrers Moritz Schlick verpflichtet war, dazu in der Lage sei, dieses Ideal zu verwirklichen.

Schlick, Moritz zeigen

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