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KAPITEL

1. Biographie: Raoul Hausmann - der Dadasoph
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2. Hausmann und seine Zeit
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3. Dadü Dada!
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4. Manifeste
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5. Der neue Mensch
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6. Hausmann im Exil
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7. Die wichtigsten Buchprojekte
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8. Optophonetische Poesie
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9. Photographie
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10. Der größte Tänzer aller Zeiten
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11. Satire
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12. Anhang
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Gabriele Frankl:
Raoul Hausmann (1886-1971)


Trotz der anzunehmenden Spontaneität der Bewegungen gab es ein fixes Repertoire, aus dem bei insgesamt neun bekannten Tanzauftritten Hausmanns geschöpft wurde.

Repertoire: the indian, aufgeführt in Berlin, am 10.6. 1922 und in Hannover, am 11.6. 1922; the ccottesh matelot, ebenfalls Berlin, am 10.06.1922 und in Hannover, am 11.6. 1922; the matelot dancing with his woman, Premiere im Hause Herbert Eulenberg in Düsseldorf am 28.5. 1922, weitere Aufführungen in Berlin, am 10.6. 1922 und in Hannover, am 11.6. 1922; boxing-dance, Berlin, am 10.6. 1922 und in Hannover, am 11.6. 1922; Dada-Trot (Sixty-one-step), am 18.2. 1920 im Curio-Haus bei einem Vortragsabend der Dadaisten; foxty-one-step (dada-trot), am 26.2. 1920 beim dadaistischen Vortragsabend in Teplitz-Schönau, und in Prag, am 1.3. 1920; Charlie tanzt Collowoo, "Antidada-Tournee" in Prag am 06.9. 1921; first dance-plays, Berlin, am 10.6. 1922 und in Hannover, am 11.6. 1922; Typsi-Step, "Erste große Merz-Matinee" im Tivoli, Hannover, am 29. und 30.12. 1923; Wang-Wang-Blues, "Erste große Merz-Matinee" im Tivoli, Hannover, am 29. und 30.12. 1923; Raynbows, "Erste große Merz-Matinee" im Tivoli, Hannover, am 29. und 30.12. 1923; Oxfordhose, Galerie "Der Sturm", November 1926; Visage-dance: Am 10.6. 1922 in Berlin und am 11.6. 1922 in Hannover gezeigt, soll Hausmann, unter einer hellen Lampe sitzend, nur mit dem Gesicht getanzt haben, wie sich Vera Broido erinnert. (vgl. Broido 1993, In: Berlin. Galerie / Züchner, 1994, 104)

Eine zeitgenössische Kritik der Aufführung von the matelot dancing with his woman lässt ahnen, dass Hausmann beim Tanzen eine besondere Faszination auf seine Zuschauer ausgeübt haben muss:

"Das merkwürdigste aber: der Matrose und sein Weib. Das Weib ist ein weißgestrichener Stuhl. Hausmann umtanzt ihn jetzt hampelmannmäßig, jetzt körperhaft, jetzt dünn emporgerissen, jetzt klobig-dumpf-stapfend, jetzt werbend, jetzt schmähend. Das Kreismotiv ist variiert, der Kreis hat ein Zentrum, das den kreisenden Tänzer bannt, bald ihn anzieht, bald abstößt. Das erstaunlichste der Schluß: die Bewegung wird kühner, dringlicher, handgreiflicher, enger, geballter und plötzlich sind Zentrum und Tänzer eins, verstrickt, drehen umeinander, verschmelzen, lohen auf, flackern nieder, Hausmann sitzt auf dem Stuhl, schlägt noch ein paar Mal aus, die Bewegung ist Ruhe, der Kreis ein Klumpen, der liniendurchfüllte Raum hat sich zur Plastik verdichtet." (In: Züchner 1998, 136)

In einem Brief vom 2.9. 1946 an Kurt Schwitters berichtete Hausmann über seine Tanzerfolge, auch im Exil, in Paris 1934 und 1939. Gemeinsam mit einer Textstelle aus dem Manuskript "Hyle" legt dies die Vermutung nahe, dass der Tanz für Hausmann therapeutisches Mittel zur Entspannung war, um das psychische Gleichgewicht wiederzufinden, und damit als Korrektiv zum feindseligen Alltag diente: Gal, das Alter ego Hausmanns, schließt, als er die Schrecken der gegenüberliegenden Unfallstation nicht mehr erträgt, die Vorhänge und beginnt barfuß, den nackten Körper nur mit einem Pyjama bedeckt, zu tanzen.

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