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KAPITEL

1. Klassisches Exilland - Mythos und Realität
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2. Zur Asylpolitik der Schweiz
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3. "Das Boot ist voll". Maßnahmen gegen unerwünschte Flüchtlinge
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4. Asylgewährung
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5. Hilfsorganisationen
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6. Die Internierung von Flüchtlingen
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7. Paul Grüninger
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8. Österreichische Exilantinnen und Exilanten in der Schweiz
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9. Transitland Schweiz
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10. Vom Leben im Schweizer Exil
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11. Das Zürcher Schauspielhaus
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12. Rückkehr
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13. Anhang
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Ulrike Oedl:
Exilland Schweiz


Die Einschätzung der Schweiz und des Schweizer Exils liest sich positiver als bei anderen exilierten Schriftstellern. Trotz der großen Erfolge seiner Stücke nach 1945 in Österreich und zahlreichen anderen Ländern, ist der Dramatiker nicht zurückgekehrt. Fritz Hochwälder floh am 18. August 1938 illegal in die Schweiz, indem er in der Nacht den Altrhein durchwatete. Die Eltern Leonhard und Therese (geborene König), die in Wien geblieben waren, wurden 1942 ins Generalgouvernement deportiert und ermordet. Fritz Hochwälder, der wie sein Vater das Tapeziererhandwerk gelernt und 1937 den väterlichen Kleinbetrieb übernommen hatte, aber zuvor zeitweise arbeitslos gewesen war und von der Arbeitslosenunterstützung leben hatte müssen, hatte bereits in seinen jungen Jahren in Wien mit dem Schreiben begonnen und an Theateraufführungen mitgewirkt.

Bedeutend für ihn war hierbei der Kontakt zur "Gruppe der Jungen", der auch Fritz Brainin und Hermann Hakel angehörten. Hitlers Einmarsch in Österreich verhinderte die Ausstrahlung eines Hörspiels, das dann 1939 von Radio Paris und vom Institut National Radiophonique Belge unter dem Titel "Paques à Weinsberg en 1525" gesendet wurde. Trotz der schriftstellerischen Versuche in Wien, der auch einige dramatische Arbeiten entsprangen, ist Fritz Hochwälder doch erst im Schweizer Exil eigentlich zum Dramatiker geworden und hatte die strenge dramatische Form gewählt, die er dann zeitlebens beibehielt. Die Reihe der groß gebauten Dramen begann im Exil mit dem Stück "Esther" (1940), basierend auf dem biblischen Buch "Esther", das die Verfolgung und Errettung der Juden zum Thema hat.

Hochwälder, Fritz zeigen

Hochwälder, der in Zürich lebte, erhielt bis 1945 keine Arbeitsbewilligung. Er fand Unterstützung durch den Verband Schweizer Israelitischer Armenpfleger und wurde Mitglied der illegalen KPÖ-Gruppe in der Schweiz. 1941-42 war er in den Schweizer Arbeitslagern Gordola und Davesco interniert, wurde aber aufgrund seiner schriftstellerischen Tätigkeit von der Arbeit befreit. Ein Zürcher Arzt hatte für ihn die Bürgschaft übernommen, ohne ihn allerdings finanziell zu unterstützen. Während dieses "Urlaubs" schrieb Hochwälder in Ascona sein Stück "Das heilige Experiment", das das Scheitern des gemeinwirtschaftlichen Modells des Jesuitenstaates in Paraguay zum Stoff hatte. Es ist bemerkenswert, dass das Städtebundtheater Biel-Solothurn 1943 die Uraufführung herausbrachte, es blieb jedoch das einzige während der Exilperiode Hochwälders aufgeführte Werk.

"Das heilige Experiment" sollte 1947 Hochwälders Entrée in die Theaterwelt der Nachkriegszeit werden und ihn zu dem Erfolgsautor machen, der er dann bis weit in die sechziger Jahre geblieben ist. Allerdings wurde in der österreichischen Erstaufführung am Burgtheater 1947 die gesellschaftliche Thematik, die Hochwälder im Schweizer Exil beschäftigt hatte, in der Inszenierung durch Adolf Rott verfälscht. Der politische Stoff wurde als katholisches Trauerspiel rezipiert, der Autor als christlicher Dramatiker missverstanden. (vgl. Haider-Pregler 1998, 93) Hochwälders bis ungefähr 1945 geschriebene Dramen waren durchwegs schärfer als seine späteren Erfolgsstücke, die oft einer gewissen Versöhnlichkeit das Wort redeten. Die Kritik am merkantilen Treiben mit dem Stück "Hotel du Commerce" (1944), nach der Novelle "Boule de Suif" von Guy de Maupassant, oder die Thematik von Flucht und Verfolgung mit dem von Georg Kaiser angeregten Drama "Der Flüchtling" (1944/45) sind dafür Dokumente. In den 1960er Jahren sollte Hochwälder dann mit einem Stück wie "Der Himbeerpflücker" an die früheren kritischen Impulse der Exiljahre wieder anschließen.

Hochwälders im Schweizer Exil geschlossene Kontakte waren prägend für seine weitere Arbeit. Dazu gehörte die Freundschaft mit Hans Weigel, diese entstand, als Weigel es übernommen hatte, Hochwälders Exposé des Schwankes "Der Astrolog von Niederdorf" zum Stück auszuarbeiten, das dann am Rudolf-Bernhard-Theater in Zürich aufgeführt wurde. 1942 kam die Freundschaft Hochwälders zu Fritz Wotruba und dessen Frau Marian zustande.

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