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KAPITEL

1. Die literarische Bedeutung Berthold Viertels
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2. Jüdische Herkunft
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3. Jugendlicher Ausbruchsversuch und Rückkehr
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4. Berthold Viertel und Karl Kraus
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5. Republikanismus, Weimarer Republik
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6. Theaterkonzeption, Kultur und Zivilisation, Rotes Wien
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7. Berthold Viertel und der Sozialismus
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8. Die Stellung zur Österreich-Frage
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9. Literarische Strategien
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10. Das Verhältnis zum Exil
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11. Die Stellung innerhalb des deutschsprachigen Exils in den USA
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12. Die Nachkriegssituation
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13. Der "Reichskanzleistil"
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14. Die spätere Theaterauffassung
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15. Zur Rezeption des literarischen Werks
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16. Anhang
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Konstantin Kaiser:
Berthold Viertel (1885-1953)


Was er in Österreich erfuhr, fasste er im Juli 1950 in den Gedichtzeilen zusammen:

"Die aber überlebt haben hier, fröhnen der Lüge schon wieder mit neuer Entschlossenheit."

An das Legen "neuer Grundlagen", an repräsentative, allgemein verbindliche Wirksamkeit war nicht zu denken. Was Viertel - neben der kameradschaftlichen Verpflichtung gegen seinen Schwager Josef Gielen, den Burgtheaterdirektor, ohne dessen Mitwirkung der Ruf nach Wien kaum erfolgt wäre - an Wien band, war ein Interesse an ,kapillaren Prozessen' (um einen Ausdruck des von Viertel sehr geschätzten Georg Lukács hier einzuführen): Es galt, das klassifizierende Vorurteil des zuletzt vom Nationalsozialismus formierten Publikums mit künstlerischen Mitteln zu unterlaufen, eine neue Teilnahme für menschliche Vorgänge in ihrem Reichtum und ihrer Verschiedenheit zu wecken, den Sinn der Menschen wieder von der Magie des Irrationalen und den ,Herausforderungen' einer falsch verstandenen Weltgeschichte auf die Fragen des eigenen Lebens zu lenken. Die Shakespeare-Inszenierungen Viertels ("Othello", "König Richard II", "Antonius und Kleopatra") lassen sich in diesem Zusammenhang als der Versuch deuten, der Pseudogeschichtlichkeit des NS-Theaters eine Dramatik von wahrhaft weltgeschichtlicher Bedeutung entgegenzustellen, eine Dramatik, in der das Tragische den Übergang zu neuen Lebensformen vermittelt und sich nicht in einer Beschwörung des Schicksalhaften und von Untergangsphantasien zur bloßen Stimmung auflöst.

Shakespeare, William: Antonius und Kleopatra (Szenenfoto aus Berthold Viertels Inszenierung am Burgtheater) zeigen

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