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KAPITEL

1. Biographie: Raoul Hausmann - der Dadasoph
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2. Hausmann und seine Zeit
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3. Dadü Dada!
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4. Manifeste
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5. Der neue Mensch
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6. Hausmann im Exil
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7. Die wichtigsten Buchprojekte
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8. Optophonetische Poesie
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9. Photographie
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10. Der größte Tänzer aller Zeiten
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11. Satire
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12. Anhang
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Gabriele Frankl:
Raoul Hausmann (1886-1971)


Erst zwischen 1958 und 1962 entwickelte sich das politische und gesellschaftliche Umfeld zugunsten Hausmanns und es erschienen "Traité de questions sans solutions importantes" in Basel, "Courrier dada" in Paris, "Siebensachen" in Stuttgart, "Poèmes et Bois" in Paris, "PIN and the story of PIN by Kurt Schwitters and Raoul Hausmann" in London und "Sprechspäne2 in Berlin. "Es wäre schön, Raoul Hausmann seiner augenblicklichen Vereinsamung, die durch die Emigrantenjahre kam, noch zu seinen Lebzeiten zu entreissen" (Petersen 1962, In: neue texte 36/37, 29), schreibt 1962 Jens Petersen, Herausgeber der Petersen Presse an Andreas Okopenko, denn mit der Rezension der "Sprechspäne" für "Wort in der Zeit" im Jahr 1962 war dieser "sozusagen der erste Oesterreicher, der mich [= Raoul Hausmann] entdeckte" (Hausmann 1965, in: neue texte 36/37, 30). Daneben ist auch Alfred Kolleritsch zu erwähnen, der Herausgeber der "manuskripte", denn auch er war, "mit beträchtlichem Abstand", wie Adelheid Koch-Didier ergänzt, "der Erste [...], der es gewagt hat, so entschieden für mich [= Raoul Hausmann] einzutreten" (Hausmann, in: Koch: "Ich bin immerhin der größte Experimentator Österreichs" 1994, 106), als er 1963 in Briefkontakt mit dem Dadasophen trat und ihm sogar eine Sondernummer widmete, worauf ihm Hausmann antwortete, er sei "erschüttert [...], so viele Seiten Text von mir auf einmal veröffentlicht zu sehen". (Hausmann, In: Koch 1994, 106)

Durch Publikationen und begleitende Ausstellungen, Lesungen oder Rundfunkbeiträge ist es wesentlich den "manuskripten" als 'Hauptumschlagplatz' Hausmannscher Werke zu verdanken, dass dieser Mitte der 60er Jahre in Österreich, zumindest innerhalb des Leserkreises und rund um das 'Forum Stadtpark Graz', an Bekanntheit gewann. Diese Entwicklung verstärkten und beschleunigten die an und von Alfred Kolleritsch, Friederike Mayröcker oder Andreas Okopenko versendeten Briefe, zumal ihnen Materialien - Texte, Zeichnungen, Photos - als Puzzleteile einer Künstlerpersönlichkeit beigelegt werden konnten. Das Zusammensetzen des Puzzles war dabei nicht nur unterhaltend, sondern auch bewusstseinserweiternd, sodass Hausmann die Autoren der Grazer Gruppe und diese wiederum ihn beeinflussten und inspirierten, wie aus einem Brief an Mayröcker von 1966 hervorgeht:

Forum Stadtpark Graz zeigen

"Ich habe eine ganze Anzahl Ihrer Gedichte als neuen Ausdruck für Dinge, die tausendfältig sind, bei Anderen aber einfältig bleiben, aufgefasst. / Das hat mich veranlasst für mich neue dichterische Ausdrucksmöglichkeiten zu formulieren, nur fehlt mir ein entsprechender Titel dafür. Die Anlässe zu schreiben sind mehr überraschender als gewollter Art. Sie sind so polyvalent und multiplex, dass man mit einem einzigen Wort ihre Entstehungsart nicht erschliessen kann." (Hausmann 1966, In: neue texte 36/37, 6) oder 1968: "Nachdem ich in "manuskripte" 33 die Hörspiele von Bense und von Jandl und Ihnen gelesen hatte, hat mich die Lust gepackt, einen Text zu schreiben/"Polyglotte"/den ich Ernst Jandl widme." (Hausmann 1966, In: neue texte 36/37, 9)

Die "österreichische Dichter-Prinzessin" oder "Prinzessin der Poeten", wie Hausmann Mayröcker nannte, zählte neben Kolleritsch, Okopenko, Ernst Jandl oder Reinhard Priessnitz zu denen, die sich engagiert für Hausmann einsetzten und ein Vergessen des gerade erst Wiederentdeckten verhinderten. Kontakte und Korrespondenzen erstreckten sich zwar mannigfaltig über den Raum Graz hinaus, doch fruchteten die Bemühungen um Publikations- und Ausstellungsmöglichkeiten nur selten. Eine dieser seltenen 'Erntezeiten' war das 50jährige Jubiläum Dadas:

"Ich habe sehr viel Arbeit, vor allem mit dem 50jährigen Jubileum Dada, alle Welt will Bücher herausgeben und Ausstellungen machen; aber für mich muss ich auch arbeiten." (Hausmann 1966, In: neue texte 36/37, 4)

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